Mittwoch, 15. September 2010

Kurz-Reviews II

So, da bin ich wieder und der zweite Block Kurz-Reviews ist wieder ein ziemlich wild durcheinander gewirbelter Haufen und dieses Mal beginne ich ausnahmsweise mit dem schwächsten Glied der Kette.

Kampf der Titanen/Clash of the Titans:
Jetzt werden einige verdutzt fragen: "Eye komm, das ist doch nicht dein Ernst? Willst du uns den wirklich empfehlen?" Ich antworte: Ja und Nein. Für mich ist dieser Film eines der besten Beispiele dafür, dass es bei einigen Filmen Mode zu sein scheint, sie schlecht zu reden. Shyamalans "Lady in the Water" war auch so ein Fall, wo ich beschlossen hatte, mir selbst ein Bild zu machen und dann dachte: Wo ist euer Problem? Bei "The Village" konnte ich die Enttäuschung noch verstehen, denn der wurde völlig falsch vermarktet und hatte mit "The Sixth Sense" und "Signs" (meiner Meinung nach Shyamalans bester - ich weiß: damit stehe ich auf verlorenem Posten) nur noch wenig gemein. Doch bei "Lady in the Water" wusste man, was einen erwartet und der Film hatte genug originelle Einfälle und spielte mit den üblichen Klischees satirisch herum. Vermutlich hatten die Filmkritiker den Streifen gefressen, weil der Filmkritiker selbst die einzige Figur im Film ist, die gefressen wird.
Mit "Kampf der Titanen" verhält es sich ganz ähnlich. Der Film will weder anspruchsvoll noch originell sein - hat diesen Anspruch auch nie erhoben. Es ist Popcorn-Kino, ein Actionreißer mit etwas Sandalenfilm-Romantik. Offen gestanden frag ich mich, was die Leute von dem Film erwartet haben. Besonders lustig wird's allerdings, wenn das Remake mit dem Original verglichen wird, das zwar einen gewissen Kult-Status hat, mehr aber auch nicht. Das Remake ist straffer erzählt, hält sich viel näher an die mythologische Vorlage (außer Io und Perseus Ziehvater sind die Figuren und ihre Konstellationen ziemlich originalgetreu) und gibt die Götter in ihrem Wesen weitaus treffender wieder. Thetis als Widersacherin von Zeus und Perseus etwa war nun wahrlich ausgemachter Blödsinn, denn Thetis war eine der wenigen Gottheiten der griechischen Mythologie, die sowohl Zeus als auch den Menschen gegenüber stets wohlgesonnen war. Im Remake ist es nun - wie ja letztlich immer - Hades. Okay, Ares oder Kronos wäre wohl weit passender gewesen - allein schon weil durch Kronos der Titel endlich mal Sinn gemacht hätte -, aber mit Hades kann man, so wie seine Motive im Film erklärt werden, ganz gut leben. Überhaupt ist Ralph Fiennes als Hades eines der wenigen echten Highlights des Films. Sein Spiel erinnert zwar etwas an seine Darstellung Lord Voldemorts, doch passt dies zu Hades eigentlich sogar besser - durchtrieben, zynisch, berechnend und zum Schein unterwürfig, wenn er Zeus gegenübertritt. Liam Neeson als Zeus wiederum ist so eine Sache. Nichts gegen Liam Neeson, aber für die Rolle fehlt es ihm an der nötigen, natürlichen Arroganz. Anders gesagt: Zeus ist wie so oft viel zu nett. Eine nette kleine Referenz ans Original ist ein kurzer "Cameo" von Athenes Eule, die im Original von mechanischer Natur war und Bubo hieß. Ziemlich zu Beginn zieht Perseus Bubo aus einer Waffentruhe und fragt, was es "damit" auf sich habe. Ihm wird geraten "es" einfach wieder zurückzulegen. Der Aufhänger der Geschichte entspricht der Sage um Andromeda und Perseus fast Eins zu Eins - nur mit dem Unterschied, dass er in der Sage (und auch im Original-Film) Andromeda nicht am Strand stehen lässt, sondern sie heiratet.
Ihr merkt schon: Über die eigentliche Handlung gibt es nicht viel zu sagen, weil es kaum welche gibt. Letztlich ist der Film etwas für so Phasen, wo man einfach mal zwei Stunden abschalten und sich von bildgewaltigen Actionsequenzen berieseln lassen will. Und solche Filme muss es letztlich ja auch geben und ich sag mal so: Zum Abschalten würde ich "Kampf der Titanen" jederzeit einem von Michael Bays Baller-und-Explosionsspektakel vorziehen - "The Rock" und "Die Insel" vielleicht noch ausgenommen. Wenn ich mir ansehe, was uns sonst so vorgesetzt wird, kann ich das Genörgel über "Kampf der Titanen" also nicht so wirklich nachvollziehen... ich kenn weit größeren Müll, der schon mit Oscars überhäuft wurde - kleiner Tipp: Fängt mit "T" an und endet auf "-itanic" ;-) (letztlich der einzige Film, über den ich wohl niemals ein positives Wort verlieren werde).

Kommen wir jetzt aber zu einem Film, über den ich noch sehr viele positive Worte verlieren werde - nämlich zu:

#9:
Ich bin ja bekennender Fan von Filmen wie "The Nightmare before Christmas" und "Coraline" und die Machart von "#9" ist ganz ähnlich. Die Story hat allerdings nicht den morbiden Humor von Henry Selick oder Tim Burton, der "The Nightmare before Christmas" und "#9" mitproduzierte. Das ist aber gar nicht weiter schlimm, denn "#9" hat seinen ganz eigenen, düsteren Stil, der zu der postapokalyptischen Welt, in der er spielt, bestens passt. Auf den ersten Blick ist das Setting altbekannt: die Maschinen wurden mit künstlicher Intelligenz versehen, lehnten sich gegen ihre Schöpfer auf und vernichteten sie - kennen wir sowohl aus der "Matrix"-Reihe (Trilogie ist ja nicht ganz richtig) als auch von den "Terminator"-Filmen, denen ich mich im Übrigen bis heute erfolgreich entzogen habe - aber meine Aversion gegen Arni ist ja nichts Neues. Anders als bei diesen beiden ist bei "#9" von der Menschheit in der Tat wohl nichts mehr übrig - zumindest taucht im ganzen Film kein lebender Mensch auf. Die wenigen Menschen, die man zu Gesicht bekommt, sind entweder schon ein Snack für Geier, Maden und Hyänen oder aber nur auf Bild- und Tonträgern zu sehen. Die Protagonisten von "#9" sind neun kleine Stoffpuppen, die wie die Dharma-Kaninchen einfach durchnummeriert wurden. Als letzte Puppe erwacht #9 im Labor seines Schöpfers, der es nicht einmal mehr geschafft hat #9 eine Stimme einzubauen - als er dann später eine bekommt, wird er im englischen Original von Elijah "Frodo" Wood und in der deutschen Sprachfassung von dessen Stammsynchronstimme Timmo Niesner gesprochen. #9 findet ein merkwürdiges Objekt (ein rundes kuppelförmiges Gebilde von der Größe eines Knopfs mit Schriftzeichen darauf) und nimmt es an sich. Im Freien macht er bald Bekanntschaft mit einer anderen Puppe: #2 (gesprochen von Martin Landau bzw. Erich Ludwig). #2 merkt an, das Objekt in #9s Besitz zu erkennen, und verhilft #9 zudem zu einer Stimme. Doch dann werden die beiden von "dem Biest" (einer großen katzenähnlichen Maschine) angegriffen. #2 opfert sich, um #9 zu retten, und wird vom "Biest" verschleppt. Im Laufe der Handlung trifft #9 auch auf die anderen sieben Puppen:
#1 ist der Anführer der Gruppe, ein dogamtischer, paranoider und herrschsüchtiger Charakter, der die Gruppe zu defensivem Verhalten drängen will. Er ist der Überzeugung, es wäre das Beste, sich ruhig zu verhalten, und so ist er auch gegen #9s Plan, #2 aus den Klauen des Biestes zu retten. Letztlich ist er einfach der Inbegriff eines Pessimisten und sehr konservativ eingestellt. In seinen Augen ist der Status quo immer besser als alles, was man durch Veränderung herbeiführen könnte, denn letztlich wird nichts besser, sondern nur schlimmer. Das macht ihn zum krassen Gegenpol zum optimistischen, rebellischen und wagemutigen Charakter #9s. Gesprochen wird #1 von Christopher Plummer (O-Ton) und Fred Maire (Deutsche Fassung).
#5 ist eine Art Heiler. Er selbst verlor im Kampf sein linkes Auge, wäre aber umgekommen, hätte #2 ihn nicht gerettet. Deshalb begleitet der sonst friedfertige und eher feige #5 #9 auf der Suche nach #2. John C. Reilly (OT) und Philipp Brammer (dt.F.) liehen #5 ihre Stimme.
#8 ist ein großer, grobschlächtiger Typ und die rechte Hand von #1. #8 ist der Krieger der Gruppe - nicht sehr intelligent und manchmal ungehobelt und gehässig. Letzten Endes aber nicht wirklich unsympathisch, da er die Gruppe mit seinem Leben schützen würde. Die wenigen Sätze, die #8 spricht kommen in Wahrheit aus den Mündern von Fred Tatasciore (OT) und Torsten Münchow (dt.F.).
#7 ist der einzige weibliche Charakter, was zunächst wieder nach dem üblichen Hollywood-Schema mit einer Quoten-Frau aussieht, aber am Ende absolut logisch ist und sehr viel Sinn macht - ich will nicht zu viel verraten, aber mehr als ein weiblicher Charakter hätte die Logik der Handlung wie eine Abrissbrine zerschmettert. #7 ist eine echte Kämpfernatur, eine Kriegerin und mindestens ebenso rebellisch wie #9. gesprochen wird sie von Jennifer Connelly (O-Ton) bzw. Elisabeth Günther (dürfte euch vor allem als deutsche Stimme von Arwen in der Herr-der-Ringe-Trilogie und Bellatrix lestrange bei "Harry Potter" bekannt sein).
#6 hat einen ziemlichen Dachschaden, aber so sind die Künstler halt. #6 malt von früh bis spät und zwar immer wieder ein und dasselbe Motiv: Das merkwürdige Objekt, das #9 kurz nach seinem Erwachen gefunden hat, was schonmal überdeutlich macht, dass dieses Ding noch verdammt wichtig für die Handlung sein wird. Crispin Glover (O-Ton) und Alexander Brem (Dt.F.) leihen #6 ihre Stimme.
#3 und #4 sind Zwillinge und fungieren als Historiker der Gruppe. Sie wissen daher, wo und wie man Informationen aus der Zeit vor ihnen kommen kann. #3 und #4 können nicht sprechen und kommunizieren entweder über ihre flackernden Augen oder die jeweils gesuchten Dokumente selbst mit den übrigen Gruppenmitgliedern.
Letztlich ist "#9" ein sehr kurzweiliges und schön düsteres Fantasy-Abenteuer mit Einschlägen von Post-Apokalyptischer Science Fiction. Zunächst war ich etwas irritiert, als plötzlich alles zu Ende war (Laufzeit: knapp 80 Minuten), aber rückblickend ist die geringe Spieldauer eher ein Pluspunkt, denn spätestens seit dem Herrn der Ringe werden wir ja von allen Seiten mit auf zweieinhalb Stunden ausgewalzten Machwerken erschlagen, deren Handlung allenfalls für 100 Minuten getragen hätte, weil die Hollywood-Produzenten wohl immer meinen, alles müsse größer, lauter, schneller und zugleich länger sein - Quantität vor Qualität. Aber manchmal ist weniger einfach mehr.



Und das Beste zum Schluss. Tja, ihr dachtet das wäre gerade schon die große Lobehymne gewesen, nein, denn nun kommt ein Film, der gerade die Herzen der Fans von Filmen wie "Pans Labyrinth", "Die Brücke nach Terabithia" (zählen ja bekanntlich beide zu meinen Lieblingsfilmen) oder "Heavenly Creatures" (übrigens auch von Peter Jackson - brachte ihm seine erste Oscar-Nominierung ein) höher schlagen lässt, aber auch ziemlich starke "Lost"-Anklänge hat, denn gerade das Finale von "Lost" wurde wohl doch etwas von der Literaturvorlage dieses neuen Meisterwerks von Peter Jackson inspiriert:
In meinem Himmel/The Lovely Bones
Der Film erzählt die Geschichte von Susie Salmon (Saoirse Ronan) - "Salmon - wie der Lachs". Susie wurde vierzehn Jahre alt. Ihr Mörder wurde nie gefasst. Tja, damit ist eigentlich auch schon das Wesentliche gesagt. Wer jetzt aber einen dieser Krimis im Stil von "Es geschah am hellichten Tag" erwartet, ist mächtig auf dem Holzweg, denn Susie beobachtet von ihrem Himmel aus sowohl ihre Familie als auch ihren Mörder und nimmt sogar Einfluss auf die Welt der Lebenden. Peter Jackson gelingt eine bildgewaltige Mischung aus Psycho-Thriller, Familiendrama und Fantasy-Film - neben der Herr der Ringe-Trilogie seine beste Arbeit. Die Darstellung von Susies persönlichem Himmel erinnert zwar etwas an "Hinter dem Horizont", geht aber letztlich andere Wege und setzt andere Schwerpunkte. Der Film stellt das Jenseits auch nicht als Ort des vollkommenen Glücks dar, verklärt nicht, sondern macht deutlich, was Susie fehlt, wie sehr sie ihre Familie und das Leben, das ihr entgangen ist vermisst. Dieser ganz andere Blickwinkel auf das Thema Tod ist eine der Hauptstärken des Films, denn es wird klar: Sollte es ein Leben nach dem Tod geben, leidet der Verstorbene ebenso wie die Hinterbliebenen an der Entbehrung dessen, was man ihm genommen hat: die Menschen, die er bzw. sie liebte. Auch der Umgang der einzelnen Familienmitglieder mit dem Verlust ist großartig in Szene gesetzt: Mark Wahlberg als Susies Vater Jack ist zwar zunächst etwas gewöhnungbedürftig, aber er ist großartig in der Rolle. Nach Susies Tod hat er zunächst einen totalen Ausratser, dessen Wogen bis in Susies Himmel vordingen, und fängt sich dann, indem er wie mit Susie vor ihrem Tod abgesprochen, jeden Monat einen der vielen Filme, die sie mit ihrer neuen Kamera verknippst hat, entwickelt. Gleichzeitig hängt er sich zwanghaft in die Suche nach Susies Mörder, woran seine Ehe fast zerbricht. Susies Mutter Abigail (Rachel Weisz - man merkt schon, an tollen Schaupielern mangelt es dem Film nicht) flüchtet am Ende auf eine Obstplantage, um Abstand zu dem Tod ihrer Tochter und Jacks manischem Verhalten zu gewinnen. Großmutter Lynn (Susan Sarandon) tobt stattdessen wie ein Wirbelwind durchs Haus und versucht, Lebensfreude auszustrahlen, wo keine mehr ist. Einzig Susies Schwester Lindsey (Rose McIver) unterstützt ihren Vater und gerät dadurch selbst ins Visier von Susies Mörder George Harvey (Stanley Tucci).
Fazit: Ganz großes Kino. Bildgewaltig. Emotional. Spannend. Dramatisch. Peter Jackson fährt eine erstklassige Darstellerriege auf und inszeniert ein weiteres cineastisches Meisterwerk. Allen, die nah am Wasser gebaut sind, empfehle ich allerdings, statt Popcorn lieber eine große Packung Taschentücher bereit zu halten, denn einige Szenen gehen einem doch nahe, ohne dass Jackson die Sznen emotional überfrachtet - ganz im Gegenteil: Oft sind es die winzigen Details oder kleine Randbemerkungen und Kommentare von Susie selbst, die einen treffen.

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